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Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zum Referentenentwurf des BMJV vom 10.07.2018 für ein Gesetz zur Ergänzung der Regelungen über die zulässige Miethöhe bei Mietbeginn und zur Anpassung der Regelungen über die Modernisierung der Mietsache (Mietrechtsanpassungsgesetz – MietAnpG)

Tenor der Stellungnahme

Das bislang in § 556g Abs. 2 S. 2 BGB enthaltene Erfordernis einer qualifi-zierten Rüge sollte nicht gestrichen werden, um eine Rüge ohne irgendeinen Anhaltspunkt („ins Blaue hinein“) und damit einen Missbrauch dieser Rüge zu verhindern.

Der Deutsche Richterbund spricht sich gegen einen in § 6 WiStG vorgesehenen Bußgeldtatbestand des „Herausmodernisierens“ aus. Aufgrund der vielfältigen, auch praktischen Schwierigkeiten wird die Regelung kaum zu Verurteilungen führen und keine Relevanz entfalten.

 
Bewertung im Einzelnen:

A. Zu Artikel 1: Änderung des BGB

I. Ziffer 1 und 2:
Es handelt sich um Folgeänderungen aufgrund der Einfügungen des § 559c BGB-E sowie eines Absatzes 3a in § 559 BGB. Eine Stellungnahme ist aus Sicht der Praxis nicht veranlasst.

II. Ziffer 3: Änderung des § 556g BGB
1. Satz 1: Auskunftspflicht des Vermieters vor Vertragsschluss

Die als Absatz 1a einzufügende Vorschrift verpflichtet den Vermieter, dem Mieter vor Abschluss des Mietvertrags Auskunft über die vor Ablauf des letzten Jahres vor Beendigung des Vormietverhältnisses bestehende Vor-miete zu erteilen. Ihre Intention liegt darin, dem Mieter bereits vor Abgabe seiner auf Vertragsabschluss gerichteten Willenserklärung Gelegenheit zu geben, zu prüfen und abzuschätzen, ob die nach dem Gesetz zulässige Höhe der Wiedervermietungsmiete eingehalten wird und ob er das Ergebnis dieser Prüfung in die Entscheidung über den Vertragsabschluss einbeziehen will.

Überdies soll der Vermieter dazu animiert werden, bereits vor Vertragsab-schluss die für die Wohnung zulässige Miete zu reflektieren . Das mag vor dem Hintergrund von Bedeutung sein, dass – so jedenfalls die Entwurfsbegründung  – offenbar nur rund 40% der kleineren Privatvermieter bei der Bestimmung der Miete im Zuge einer Neuvermietung den örtlichen Mietspiegel überhaupt beachten. Die meisten Vermieter, nämlich etwa 70%, würden sich hingegen mehr auf ihre eigene Erfahrung – das bedeutet wohl vielfach auf ihr „Bauchgefühl“ – verlassen.

Dieser Zweck, nämlich private, also nicht professionell tätige Vermieter, im Hinblick auf das Vorhandensein einer Mietpreisbremse in dem betreffenden Gebiet überhaupt zu sensibilisieren, mag durch die in § 556g Abs. 1a Satz 1 BGB-E geregelte Mitteilungspflicht erreichbar sein. Das gilt insbesondere mit Blick auf die vorgesehene Rechtsfolge der Bestimmung, dass ihnen im Falle einer Nichtbeachtung die Berufung auf eine höhere als die nach § 556d Abs. 1 BGB zulässige Miete versagt bleibt.


Nicht ganz klar erscheint zunächst das Verhältnis der in § 556g Abs. 1a BGB-E vorgesehenen Auskunftspflicht zu derjenigen, die bereits in § 556g statuiert ist. Aufschluss darüber gibt jedoch die Entwurfsbegründung:

„Seiner Auskunftsverpflichtung kommt der Vermieter durch bloße Angabe der Höhe der Vormiete nach, ohne dafür personenidentifizierende Daten des Vormieters mittzuteilen. Der Mieter kann aber gegebenenfalls nach § 556g Absatz 3 BGB Auskunft über weitere Informationen aus dem Vormietverhältnis verlangen […].“

Dann aber wäre es vielleicht sinnvoll, die in § 556g Abs. 1a BGB-E vorgesehene Pflicht des Vermieters zur unaufgeforderten Auskunft vor Vertragsabschluss lediglich als Mitteilungspflicht zu bezeichnen. Der Vermieter hätte dem Mieter dann lediglich die Höhe der Vormiete vor Beginn des letzten Vertragsjahres (vgl. § 556e Abs. 1 Satz 2, 2. Var. BGB) zu nennen.

Formulierungsvorschlag für § 556g Abs. 1a Satz 1 BGB-E:
„Soweit die Zulässigkeit der Miete auf § 556e Absatz 1 beruht, ist der Ver-mieter verpflichtet, dem Mieter vor dessen Abgabe der Vertragserklärung unaufgefordert die Höhe der Vormiete abzüglich etwaiger im letzten Jahr vor Beendigung des Vormietverhältnisses vereinbarter Mieterhöhungen mitzuteilen.“


2. Satz 2: Rechtsfolge bei Verletzung der Auskunftspflicht

a) Unterbliebene Mitteilung der Vormiete
Hat der Vermieter die ihm nach § 556g Abs. 1a Satz 1 BGB-E obliegende Auskunft nicht erteilt, soll er sich nach Satz 2 der Bestimmung auf eine die zulässige Miethöhe nach § 556d Abs. 1 BGB (ortsübliche Vergleichsmiete plus 10%) übersteigende Vormiete nicht berufen können. Er muss sich so behandeln lassen, als lägen die Voraussetzungen des § 556e Abs. 1 BGB nicht vor . Es würde dann in Konsequenz des § 556g Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB die ortsübliche Vergleichsmiete für die betreffende Wohnung zzgl. 10% als vereinbart gelten.

Denkbar wäre alternativ, Satz 2 des vorgesehenen Absatzes 1a zu streichen und somit auf die darin statuierte spezielle Rechtsfolge zu verzichten. Das Schicksal der Vormietvereinbarung würde sich dann aus § 556g Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB ergeben; die Mietpreisvereinbarung wäre bis zur Höhe der nach § 556e Abs. 1 BGB anrechenbaren Vormiete aufrechtzuerhalten . Dann bliebe eine Verletzung der Auskunftspflicht gemäß § 556g Abs. 1a Satz 1 BGB allerdings ohne Konsequenzen, wenn der Vermieter die Wohnung zu der gesetzlich zulässigen Vormiete angeboten hat.

Gegen die in Absatz 1a Satz 2 vorgesehene Regelung könnte sprechen, dass sie den Vermieter im Falle einer Verletzung der Auskunftspflicht vor Vertragsabschluss schlechter stellen würde als im Falle der Vereinbarung einer zu hohen Miete. Denn diese wird gemäß § 556g Abs. 1 Satz 2 BGB bis zur Grenze des gesetzlich zulässigen aufrechterhalten. Man könnte aber auch auf dem Standpunkt stehen, dass der Vermieter, sofern er die gesetzlich geforderte Auskunft über die Vormiete nicht erteilt, damit gegen-über dem Mieter stillschweigend zum Ausdruck bringt, dass er sich zur Begründung einer die Vorgaben des § 556d Abs. 1 BGB übersteigenden Miete nicht auf die Vormiete berufen werde. Sofern er die geforderte Wiedervermietungsmiete dann gleichwohl nach der Vormiete bemisst, könnte man darin ein widersprüchliches Verhalten erblicken. Der in § 556g Abs. 1a Satz 2 BGB-E vorgesehenen Rechtsfolge erscheint daher zumindest vertretbar.

b) Unrichtige Mitteilung der Vormiete
Nicht ganz klar ist allerdings, welche Konsequenzen es hat, wenn der Ver-mieter über die Höhe der Vormiete unrichtige Angaben macht. Gerade das soll ja in der Praxis nicht selten vorkommen. Seinem Wortlaut nach erfasst § 556g Abs. 1a Satz 2 BGB-E nur den Fall, dass der Vermieter die Auskunft überhaupt nicht erteilt hat; die unrichtige Auskunftserteilung ist nicht geregelt. Allerdings scheint die Entwurfsbegründung davon auszugehen, dass nur der Fall einer unterbliebenen Auskunftserteilung erfasst werden soll . Das ist im Ergebnis wohl auch sachgerecht, da die Gründe für eine unrichtige Benennung der Vormiete durchaus sehr unterschiedlich sein können. Da ihre Ermittlung im Einzelfall durchaus kompliziert sein kann , ist auch eine versehentliche Falschangabe ohne Weiteres denkbar. Hat sich der Vermieter bei der Ermittlung der Vormiete lediglich verrechnet, erscheint es recht weitgehend, ihm eine Berufung auf diese Form des Bestandsschutzes gänzlich abzusprechen. Und im Falle einer Täuschung über die Höhe der Vormiete droht ihm ohnehin eine Strafbarkeit wegen Betruges gemäß § 263 StGB. Alles in allem sprechen gute Gründe dafür, es im Falle einer – warum auch immer – unrichtig angegebenen Vormiete bei der in § 556g Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB enthaltenen Rechtsfolge zu belassen.


3. Vorvertragliche Auskunftspflicht auch bei den weiteren Ausnah-meregelungen?
Nachdenkenswert könnte sein, ob eine Erstreckung der gemäß § 556g Abs. 1a BGB-E vorgesehenen Auskunftspflicht auch auf die weiteren Ausnahmetatbestände, nämlich die Modernisierungsprivilegien der §§ 556e Abs. 2 BGB und 556f Satz 2 BGB sowie das Erstbezugsprivileg des § 556f Satz 1 BGB sinnvoll erscheint.


Ob eine solche Erstreckung sachgerecht ist, muss anhand des oben darge-stellten Zwecks der Auskunftspflicht beurteilt werden. Soll diese dem Mieter insbesondere die Prüfung, ob der Vermieter die nach dem Gesetz zulässige Miethöhe einhält, sowie die Abschätzung, ob er das Ergebnis seiner Prüfung in die Entscheidung über den Vertragsabschluss einbeziehen will, ermöglichen, so könnte einiges dafür sprechen, dass eine Beschränkung der Auskunft auf die Vormiete ausreichend ist. Anhand dieser kann der Mieter – sofern in dem betreffenden Gebiet ein Mietspiegel existiert – ohne Weiteres erkennen, ob der vom Vermieter genannte Mietpreis im Ausgangspunkt die nach § 556d Abs. 1 BGB zulässige Miete übersteigt.

Weicht die vom Vermieter geforderte Miete sowohl von der nach § 556d Abs. 1 BGB zulässigen Miete als auch von der mitgeteilten Vormiete ab, so kann sich der Mieter zumindest erschließen, dass der Mietpreis offenbar nach anderen Kriterien kalkuliert ist. Entweder bezieht er sich auf Moderni-sierungsmaßnahmen (§§ 556e Abs. 2, 556f Satz 2 BGB) oder auf einen Erstbezug nach dem 01.10.2014 (§ 556f Satz 2 BGB) – oder aber der Vermieter schert sich einfach nicht um die für die betreffende Wohnung geltende Mietpreisbegrenzung. Der Mieter ist jedenfalls hinreichend ge-warnt. Er kann beim Vermieter den Grund für die Divergenz erfragen; er kann aber auch – um einen Vertragsabschluss nicht zu gefährden – zunächst auf dessen Angebot eingehen und nach Fixierung des Vertrags zugleich seinen umfassenden Auskunftsanspruch geltend machen und die folgenden Mietbeträge unter Vorbehalt bezahlen. Insofern erscheint es durchaus vertretbar, die vorvertragliche Auskunftspflicht des Vermieters auf die Mitteilung der Vormiete zu beschränken.

Unter dem Gesichtspunkt einer größtmöglichen Transparenz für den Mie-taspiranten wäre es sicher denkbar, die Auskunftspflicht auf sämtliche in den §§ 556e und 556f BGB geregelten Ausnahmetatbeständen zu erstre-cken. Eine solche Regelung findet sich in dem Referentenentwurf vom 04.06.2018 (ebenfalls in § 556g Abs. 1a BGB-E). Danach ist der Vermieter verpflichtet, die vorvertragliche Auskunft wie folgt zu erteilen:

1. im Fall des § 556e Absatz 1 über die Höhe der Vormiete und dar-über, dass etwaige Veränderungen der Miethöhe innerhalb des letzten Jahres vor Beendigung des Vormietverhältnisses unberücksichtigt geblieben sind,
2. im Fall des § 556e Absatz 2 oder des § 556f Satz 2 über den Zeit-punkt der Modernisierung und darüber, dass die Miethöhe auf-grund dieser Modernisierung zulässig ist,
3.  im Fall des § 556f Satz 1 darüber, dass die Wohnung nach dem 1. Oktober 2014 erstmals genutzt und vermietet wurde.“

Problematisch erscheint insbesondere die Formulierung in Nr. 2., nach welcher der Vermieter eine obligatorische Auskunft darüber schuldet, „dass die Miethöhe aufgrund dieser Modernisierung zulässig ist“. Dies lässt sich u.U. dahin interpretieren, dass er verpflichtet ist, den in Ansatz gebrachten Modernisierungszuschlag der Höhe nach zu rechtfertigen. Das ist jedoch, wie sich der Entwurfsbegründung entnehmen lässt, nicht gemeint. So heißt es dort:

„In beiden Fällen [§§ 556e Abs. 2 und 556f Satz 2] muss der Vermieter dem Mieter Auskunft über den Umstand und den Zeitpunkt der Modernisierung erteilen. Weitreichende Erläuterungen zu Art und Umfang der Modernisierung im Sinne von § 559b Absatz 1 Satz 2 und 3 BGB sind nicht notwendig; dem Mieter kommt es zum maßgeblichen Zeitpunkt vor allem darauf an, ob überhaupt ein Ausnahmetatbestand vorliegt. Komplizierte und gegebenenfalls sehr umfangreiche Einzelheiten zu den Modernisierungsmaßnahmen sollen weiterhin einem etwaigen Auskunftsverlangen nach § 556g Absatz 3 BGB vorbehalten bleiben.“

Diese Intention der Entwurfsbegründung sollte in einer solchen Regelung allerdings deutlicher zum Ausdruck kommen. Zudem sollte die dem Vermieter obliegende vorvertragliche Information nicht als Auskunft, sondern als bloße Mitteilung deklariert werden.

Formulierungsvorschlag:
„[…] ist der Vermieter verpflichtet, dem Mieter […] vor dessen Abgabe der Vertragserklärung Folgendes unaufgefordert mitzuteilen:
1. im Fall des § 556e Absatz 1 die Höhe der Vormiete abzüglich etwaiger während des letzten Jahres vor Beendigung des Vormietverhältnisses vereinbarter Mieterhöhungen,
2. im Fall des § 556e Absatz 2 den Zeitpunkt der Modernisierung und die Höhe des auf dieser beruhenden Mehrbetrags,
3. im Fall des § 556f Satz 1 den Zeitpunkt des Erstbezug und der erstmaligen Vermietung
4. im Fall des § 556f Satz 2 den Zeitpunkt der umfassenden Modernisie-rung.“

Damit wäre der Mieter in allen Fällen eines höheren als nach § 556d Abs. 1 BGB zulässigen Mietpreisangebots über den dafür bestehenden Grund informiert. Sofern er diesen nunmehr hinterfragen will, steht ihm – nach Abschluss des Mietvertrags – der umfassende Auskunftsanspruch des § 556g Abs. 3 BGB zur Seite.


4. Aufhebung des § 556g Abs. 2 Satz 2 BGB: Qualifizierte Rüge
Nach § 556g Abs. 2 Satz 2 BGB muss die Rüge (Satz 1 der Vorschrift) die Tatsachen enthalten, auf denen die Beanstandung der vereinbarten Miete beruht. Diese Vorschrift soll nach dem Referentenentwurf gestrichen wer-den. In der Entwurfsbegründung wird angeführt, dass es sich für den Mieter als schwierig erwiesen habe, Tatsachen vorzutragen, auf denen die Beanstandung der vereinbarten Miete beruhe. Die hierfür notwendigen Recherchen sowie ein gegebenenfalls notwendiges Auskunftsverlangen würden den Mieter oftmals davon abhalten, sein Recht geltend zu machen.

Diese Auffassung teilt der Deutsche Richterbund nicht. Weder werden in der Praxis übermäßig hohe Anforderungen an den Inhalt der Rüge gestellt, noch erfordert deren Geltendmachung ein vorheriges Auskunftsverlangen.

Nach einem Urteil des AG Neukölln vom 08.09.2016 , bestätigt durch Urteil des LG Berlin vom 29.03.2017 , muss der Mieter in der Rüge lediglich die Tatsachen mitteilen, auf denen die Beanstandung der vereinbarten Miete beruht. Dadurch soll er veranlasst werden, die Zulässigkeit der vereinbarten Miete zunächst zu prüfen, bevor er deren Höhe moniert. Besondere Anforderungen sind jedoch an die Mitteilung der der Rüge zugrunde liegenden Umstände nicht zu stellen; lediglich rein pauschale Beanstandungen, wie etwa die Äußerung, die Miete sei zu hoch, sind nicht ausreichend. Insbesondere braucht der Mieter vor Erhebung der qualifizierten Rüge kein Auskunftsverlangen nach § 556g Abs. 3 BGB zu artikulieren . Er kann sich ohne Weiteres auf ihm bekannte Umstände sowie auf allgemein zugängliche Quellen, z.B. den Mietspiegel, stützen . Erst wenn der Vermieter ihm auf sein Verlangen hin Auskunft nach § 556 g Abs. 3 BGB erteilt hat, muss er sich zu der erhaltenen Information in der Rüge erklären.

Diese von der Rechtsprechung und Fachliteratur entwickelten Grundsätze sind in jeder Hinsicht praxisgerecht; es besteht keinerlei Änderungsbedarf. Im Falle einer Streichung des § 556g Abs. 2 Satz 2 BGB, wie sie im Referentenentwurf vorgesehen ist, könnte der Mieter die vereinbarte Miethöhe letztlich „ins Blaue hinein“ beanstanden. Es steht zu befürchten, dass dies zu vermehrten Rechtsstreitigkeiten um die Mietpreisbegrenzung führen wird. Die den Mieter derzeit treffende Obliegenheit zu einer zumindest kursorischen Prüfung der Miethöhe, etwa anhand eines Mietspiegels oder Erkenntnissen aus anderen Mietverhältnissen in dem Gebäude, ist durchaus geeignet, ihn von einem übereilten und unreflektierten Vorgehen abzuhalten.

Der in der Entwurfsbegründung angesprochene Zeitgewinn des Mieters infolge des Wegfalls von Prüf- und Rechercheobliegenheiten erscheint eher marginal. Eine „deutliche Verzögerung der Rüge“, die „den Mieter oftmals davon ab[hält], sein Recht geltend zu machen“ und somit die Rückforderung von Mietüberzahlungen hindert , ist de lege lata nicht zu befürchten. Letztlich braucht der Mieter nur einen Blick in den örtlichen Mietspiegel, gegebenenfalls in den Mietspiegel einer Nachbargemeinde zu riskieren und kann dann sofort mit der Formulierung der Rüge beginnen. Das alles ist nicht sonderlich zeitaufwendig.

Aus Sicht der forensischen Praxis als außerordentlich positiv zu bewerten ist allerdings, dass es der Entwurf überhaupt bei dem Rügeerfordernis als Voraussetzung für die Rückforderung von überzahlten Mietbeträgen belässt. Anderenfalls könnte der Mieter Rückforderungsansprüche bis zur Verjährungsgrenze, also über mehr als drei Jahre geltend machen (vgl. §§ 195, 199 Abs. 1, 204 BGB), wie dies bei Verstößen gegen § 5 WiStG möglich ist. Das würde eine ganz erhebliche Belastung der mit Mietsachen befassten Amtsgerichte und Berufungskammern der Landgerichte bedeuten. Vielfach werden derartige Rückforderungsansprüche – so jedenfalls die Erfahrungen aus der „Blütezeit“ des § 5 WiStG – erst am Ende des Mietverhältnisses zur Aufrechnung gegen Schadensersatzansprüche wegen Dekorationsmängeln ins Feld geführt.

Nicht aufgegriffen hat der Entwurf im Übrigen die Problematik, ob das Rügeerfordernis des § 556g Abs. 2 BGB auch dann gilt, wenn der Mieter seine Rückforderung auf Schadensersatzansprüche, etwa aus § 280 Abs. 1 BGB oder gar auf § 826 BGB stützt. Das ist im Schrifttum vielfach bejaht worden ; zwingend erscheint dies aber keineswegs. Der Gesetzgeber könnte diese Problematik klären.


III. Ziffer 4: Änderung des § 559 BGB

1. Absatz 1: Herabsetzung des Umlagefaktors
Der Referentenentwurf sieht eine Herabsetzung des Umlagefaktors zur Weitergabe von Modernisierungskosten von derzeit 11% auf 8% vor, allerdings nur in Gebieten mit besonders gefährdeter Wohnraumversorgung, die von den Landesregierungen ausgewiesen werden müssen. Ein Vorteil dieser Konzeption mag darin liegen, dass im Hinblick auf die Auswirkungen einer Herabsetzung des Umlagefaktors auf die Modernisierungsaktivitäten eine Evaluierung ermöglicht wird, insbesondere im Direktvergleich mit Wohnungsmärkten, in denen weiterhin die „11%-Regelung“ gilt . Allerdings dokumentieren die Vorschriften des § 558 Abs. 3 Satz 2 und 3 BGB und vor allem diejenigen der Mietpreisbremse in § 556d Abs. 2 BGB, dass eine Delegation von preisbegrenzenden Regelwerken auf die Landesregierungen ein hohes Streitpotenzial birgt.

2. Absatz 3: Einfügung einer Kappungsgrenze
Auch bei der Einfügung einer Kappungsgrenze für die Modernisierungsumlage in einem neuen Absatz 3a handelt es sich um eine politische Entscheidung. Aus Sicht der Praxis ist lediglich darauf hinzuweisen, dass vorgesehene Anknüpfung an die Wohnfläche zu Streitigkeiten führen kann, wobei hier allerdings lediglich die Einzelwohnfläche der bezogenen Wohnung infrage stehen kann. Hier wird es bei den allgemeinen Darlegung und Beweisgrundsätzen bleiben.

IV. Ziffer 5:
1. § 559c BGB-E: Vereinfachtes (Mieterhöhungs-)Verfahren

a) Grundsätzliches
Eine Besonderheit des Gesetzesvorhabens liegt darin, dass dieses ein vereinfachtes Mieterhöhungsverfahren nach Modernisierung in einem selbstständigen Paragrafen mit vier Absätzen und umfänglichen Regelungen vorsieht. Es handelt sich gewissermaßen um eine „Modernisierungsmieterhöhung light“. Damit gibt der Gesetzgeber dem modernisierungswilligen Vermieter eine Möglichkeit an die Hand, jedenfalls bei kleineren bis mittleren Modernisierungsmaßnahmen (Investitionsvolumen pro Wohnung bis zu 10.000,00 €) in einen Zeitraum von fünf Jahren eine relativ sichere Mieterhöhung durchzusetzen. Dem entspricht es, dass der Mieter mit seinem Härteeinwand nach § 559 Abs. 4 BGB ausgeschlossen ist, eine wirtschaftliche Härteabwägung somit nicht schaffen kann. Unberührt bleibt natürlich der personale Härteeinwand, den der Mieter bereits dem Modernisierungsdul-dungsverlangen des Vermieters entgegenhalten muss (vgl. § 555d Abs. 3 BGB).

Dem vereinfachten Mieterhöhungsverfahren des § 559c BGB-E liegt sicherlich eine eher untypische Regelungstechnik zugrunde. Zwei parallel nebeneinander verlaufende Modernisierungsmieterhöhungen werden auch für die Gerichte gewöhnungsbedürftig sein. Als alternative Regelungskonzeption würde aber wohl nur eine deutliche und bundesweite (also nicht nur gebietsbezogene) Absenkung des Umlagesatzes in § 559 BGB (z.B. auf 5 oder 6%) bei gleichzeitiger Entschärfung des wirtschaftlichen Härteeinwands gemäß Absatz 4 der Vorschrift, wie immer eine solche aussehen mag, bleiben.

b) Einzelheiten
Von den Kosten der Maßnahme pro Wohnung sind nach § 559c Abs. 1 Satz 2 BGB pauschal 30% für fiktive Instandhaltungs-/Instandsetzungskosten in Abzug zu bringen. Dieser Prozentsatz ist sowohl für den Vermieter als auch für den Mieter bindend. Zwar könnte erwogen werden, diesen Prozentsatz als widerlegbare Vermutung auszugestalten; es solle zumindest dem Mieter die Möglichkeit verbleiben, den Nachweis für einen höheren Prozentsatz an Instandhaltungs-/Instandsetzungskosten zu führen. Dagegen spricht jedoch, dass die Vorschrift das Mieterhöhungsverfahren so weit wie möglich vereinfachen soll; dieser gesetzgeberischen Intention würde eine widerlegbare Vermutung deutlich zuwiderlaufen, weil sie stets nicht unerhebliches Streitpotenzial in sich trüge.

Ohnehin liegt eine Komplikation der vorgesehenen Regelung darin, dass der Vermieter nach der Entwurfsbegründung gehalten ist, bei verschiedenen Maßnahmen, die gleichzeitig durchgeführt werden und bei denen es sich zum Teil um reine Instandhaltungsmaßnahmen handelt, die anteilig darauf entfallenden Kosten zunächst herauszurechnen . Das ist sicherlich auch geboten. Doch ist nicht immer ganz leicht zu unterscheiden, wann eine einheitliche Maßnahme mit Modernisierungs- und Instandhaltungskomponenten und wann eine Mehrzahl von Maßnahmen vorliegt. In der Praxis bestehen hier oftmals Schwierigkeiten, sodass der Vermieter die auf Mieterhöhung gerichteten Klagen aus diesem Grunde verliert.


2. § 559d BGB-E: Schadensersatz wegen „Herausmodernisierens“

a) Grundsätzliches
Die Vorschrift sieht einen neuen Haftungstatbestand in Fallgestaltungen vor, in dem der Vermieter Baumaßnahmen allein zu dem Zweck ankündigt oder durchführt, den Mieter zur Kündigung der Wohnung, insbesondere nach § 555e BGB, aber auch zur ordentlichen Kündigung (§ 573c BGB) zu veranlassen.

§ 559d Abs. 1 BGB-E enthält zwei tatbestandliche Alternativen der „bauli-chen Veränderung zur Beendigung des Mietverhältnisses“ – so die Bezeichnung dieser inkriminierten Tätigkeit im Gesetzentwurf:
• Satz 1 betrifft die „Antäuschung“ einer Modernisierung, um den Mieter dadurch zur Kündigung oder zur einvernehmlichen Vertragsaufhebung zu veranlassen.
• Satz 2 betrifft Modernisierungsaktivitäten in einer Weise, dass der Mieter dadurch vergrault wird.

§ 559d Abs. 2 BGB-E enthält eine widerlegbare Vermutung dahingehend, dass die unlautere Absicht dann vermutet wird, wenn er eine bauliche Veränderung nicht innerhalb von zwölf Monaten seit Ankündigung begonnen hat. Demzufolge muss der Vermieter den Entlastungsbeweis antreten.

b) Bewertung
Diese Änderung ist aus Sicht der gerichtlichen Praxis abzulehnen. Zunächst einmal handelt es sich um die Regelung eines sehr speziellen Einzelfalls, für die schon deswegen kein Bedürfnis besteht, weil dieser mithilfe der allgemeinen Vorschriften ohne Weiteres gelöst werden kann.

Nach der Rechtsprechung des BGH begeht der Vermieter eine Vertrags-pflichtverletzung gemäß § 280 Abs. 1 BGB, wenn er einen Kündigungs-grund vorgibt, der ihm tatsächlich nicht zusteht . Diese Pflichtverletzung löst Schadensersatzansprüche auch dann aus, wenn der Mieter im Vertrauen auf das Bestehen des Kündigungsgrundes an der Beendigung des Mietverhältnisses mitgewirkt hat, etwa einen Aufhebungsvertrag abgeschlossen hat . Maßgebend ist, ob das Fehlverhalten des Vermieters die Mitwirkung des Mieters an der Vertragsbeendigung herausgefordert hat . Das ist im Übrigen auch dann möglich, wenn der Vermieter lediglich fahrlässig gehandelt hat, er nämlich infolge eines vermeidbaren Rechtsirrtums übersehen hat, dass die von ihm ins Feld geführten Gründe die ausgesprochene Kündigung überhaupt nicht rechtfertigen . Die Pflichtverletzung des Vermieters liegt in solchen Fällen darin, dass er dem Mieter den berechtigten Besitz ohne rechtlichen Grund streitig macht.

Diese Grundsätze lassen sich ohne Weiteres auf ein dem Mieter angekün-digtes umfängliches Modernisierungsvorhaben übertragen, zu dessen Durchführung der Vermieter gar nicht gewillt oder gar nicht in der Lage ist. Der Anspruch des Mieters würde sich hier ebenfalls aus § 280 Abs. 1 BGB, im Falle einer beabsichtigten Vertragsbeendigung durch „Antäuschung“ von Modernisierungsmaßnahmen auch aus § 826 BGB ergeben. Die nach dem Referentenentwurf vorgesehene Bestimmung des § 559d BGB könnte die Situation des Mieters äußerstenfalls sogar verschlechtern, da sie auf einen direkten Vorsatz ersten Grades beim Vermieter abhebt und somit ein gesetzliches Leitbild schafft, mit der Folge für eine Fahrlässigkeitshaftung aus § 280 Abs. 1 BGB gar kein Raum mehr bestehen wird. Für die Praxis wird sich die Frage stellen, ob die Kriterien des § 559d BGB für eine Haftung des Vermieters wegen „Herausmodernisierung“ abschließend sein sollen, oder ob die Vorschrift mit den allgemeinen Haftungsregelungen der §§ 280, 823 ff. BGB konkurriert.

Natürlich besteht für den Mieter in solchen Fallgestaltungen die Schwierig-keit, eine Pflichtverletzung des Vermieters darzulegen und zu beweisen. Er müsste schon erdrückende Indizien vortragen, die dafür sprechen, dass der Vermieter eine Durchführung der Arbeiten von vorherein überhaupt nicht gewollt hat oder dazu, namentlich aus wirtschaftlichen Gründen, gar nicht in der Lage gewesen ist. Deshalb wird einer Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen in solchen Konstellationen wohl selten ein Erfolg beschert sein.

Dem will der Entwurf mit der in § 559d Abs. 2 BGB-E verankerten Vermu-tung abhelfen. Diese scheint sich allerdings nur auf den Tatbestand des § 559d Abs. 1 Satz 1 BGB-E zu beziehen, denn Satz 2 betrifft die Verdrängung des Mieters durch die Ausübung baulicher Aktivitäten; hier würde die Anknüpfung an eine zwölfmonatige Verzögerungsdauer keinen Sinn ergeben.

Im Übrigen erscheint es fraglich, ob die zwölfmonatige Verzögerung bzw. der Umstand, dass diese womöglich gar nicht durchgeführt werden, ein hinreichendes Indiz für eine „Herausmodernisierungs-Absicht“ des Vermieters darstellt. Nun gilt diese Vermutung nach § 559d Abs. 2 Satz 2 BGB von vornherein dann nicht, wenn der Vermieter die Verzögerung des Baubeginns nicht zu vertreten hat. Das soll nach der Entwurfsbegründung der Fall sein, wenn sie auf Gründen beruht, die außerhalb des Einflussbereichs des Vermieters liegen . Doch dürfte es sich bei einem Fehlgriff in der Auswahl des Architekten, Bauleiters oder auch der mit der Durchführung der Arbeiten beauftragten Unternehmen durchaus noch um Umstände handeln, die der Sphäre des Vermieters zuzuordnen sind. Auch finanzielle Engpässe hätte der Vermieter nach § 276 Abs. 1 Satz 1 (2. und 3. Teilsatz) BGB ohne Weiteres zu vertreten, sodass auch in solchen Fällen die Vermutung dem Grunde nach greifen dürfte. Dann hätte der Vermieter nur die Möglichkeit, sie zu widerlegen. Da die zwölfmonatige Verzögerung des Baubeginns ein relativ schwaches Indiz für die hier in Rede stehende Vermutungsfolge, die Annahme einer „Herausmodernisierungs-Absicht“ des Vermieters ist, wird es sicherlich zahlreiche Konstellationen geben, in denen die gegen ihn streitende Vermutung erschüttert werden könnte. Die Entwurfsbegründung nennt hier die Abstandnahme des Vermieters von einem ernsthaft geplanten Modernisierungsvorhaben aus sachlichen Gründen, zum Beispiel aufgrund einer Veränderung seiner finanziellen Situation des Vermieters oder der Vorrangigkeit anderer Maßnahmen. Das ist sicher zutreffend.

Allerdings ist der Vermieter im Rechtsstreit gehalten, die diesbezüglichen Tatsachen vorzutragen und auch zu beweisen. Das lässt zahlreiche Streitigkeiten um den neuen Schadensatztatbestand und speziell um die in Absatz 2 der Vorschrift verankerte Vermutung erwarten. Es spricht vieles dafür, auf diesen Tatbestand zu verzichten.


B. Art. 2: Änderung des EGBGB – Übergangsvorschriften

I. Zu den Modernisierungsvorschriften
Maßgebend für die Geltung des neuen Modernisierungsrechts soll grund-sätzlich der Zeitpunkt des Zugangs der Modernisierungsmitteilung nach § 555c Abs. 1 Satz 1 BGB vor bzw. nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens sein. Nur wenn diese nicht oder nicht ordnungsgemäß erfolgt ist, wird auf den Zeitpunkt der Mieterhöhungserklärung gem. § 559b Abs. 1 Satz 1 BGB abgestellt. Das erscheint im Hinblick auf § 559b Abs. 2 Nr. 1 BGB konsequent.

Das vereinfachte Mieterhöhungsverfahren gemäß § 559c BGB-E kommt dem Vermieter nur zugute, wenn er die Maßnahme nach Inkrafttreten des Gesetzes angekündigt hat. Das bedeutet zugleich, er dieses Privileg nur dann erhält, wenn er die Maßnahme angekündigt hat. Das wäre eine Abwei-chung von den allgemeinen Grundsätzen, denn eine Modernisierungsmieterhöhung nach § 559 BGB setzt keine vorherige Modernisierungsankündigung nach § 555c BGB voraus ; gemäß § 559b Abs. 2 Nr. 1 BGB wird lediglich der Erhöhungszeitpunkt um sechs Monate verschoben. Nicht ganz klar erscheint auch, ob eine ordnungsgemäße, den obligatorischen Vorgaben des § 555c Abs. 1 BGB entsprechende Modernisierungsankündigung erforderlich ist, oder ob es genügt, dass eine Ankündigung überhaupt erfolgt ist. Wahrscheinlich ist Ersteres gemeint. In diesen Punkten sollte die Übergangsvorschrift (Abs. 1 Satz 3) noch einmal überprüft werden.

Der Schadensersatzanspruch des § 559d BGB-E greift erst, wenn die inkri-minierte Handlung des Vermieters nach Inkrafttreten des Gesetzes stattge-funden hat. Das ist unter Rückwirkungsgesichtspunkten sachgerecht.

II. Zur Mietpreisbremse
Die vorvertraglichen Auskunftspflicht des Vermieters setzt erst nach Inkrafttreten des Gesetzes ein, was unter Rückwirkungsgesichtspunkten sachgerecht ist. Auch die qualifizierte Rüge in ihrer bisherigen Form soll bei Mietverhältnissen fortgelten, die vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung „abgeschlossen“ worden sind; maßgebend ist also der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Das dürfte unter Rückwirkungsaspekten nicht unbedingt zwingend sein, da die Rüge allein für künftige Sachverhalte, nämlich die Rückforderung von Überzahlungen in den Folgemonaten, bestimmend ist (s. § 559g Abs. 2 Satz 1 BGB). Der Wegfall der formalen Begründungsanforderungen – der in dieser Stellungnahme deutlich kritisiert worden ist (s. oben unter A. II. 4.) – könnte u.U. bereits auf Bestandsmietverhältnisse, bei denen die Mietpreisbremse gilt, angewendet werden. Auch dies sollte noch einmal geprüft werden.


C. Art. 3: Änderung des WiStG – Bußgeldtatbestand eines „Herausmodernisierens“ in § 6 WiStG-E

I. Grundsätzliches
Der Entwurf sieht in dem zurzeit nicht besetzten § 6 WiStG einen neuen umfangreichen Bußgeldtatbestand vor, der die Instrumentalisierung von baulichen Maßnahmen zum Zwecke einer Beendigung des Mietverhältnis-ses  zum Gegenstand hat. Dabei werden insgesamt vier Varianten aufge-führt, die ein vermieterseitiges Fehlverhalten im Zusammenhang mit Mo-dernisierungsmaßnahmen beschreiben, welches für sich genommen aber noch nicht ausreicht, um als bußgeldbewehrtes Verwaltungsunrecht kategorisiert zu werden. Zu einem solchen wird es erst, wenn die Absicht des Vermieters hinzutritt, „einen Mieter von Wohnraum hierdurch“, nämlich durch eine der vier inkriminierten Verhaltensweisen, „zur Kündigung oder Mitwirkung einer Aufhebung des Mietverhältnisses zu veranlassen“.

II. Problem: Die „Herausmodernisierungs-Absicht“
Diese Absicht dürfte dann auch das zentrale Moment des in § 6 WiStG-E vorgesehenen Bußgeldtatbestands darstellen. In der Praxis wird das Prob-lem darin liegen, dem Vermieter eine solche Absicht lückenlos nachzuwei-sen, denn im Bußgeldprozess gilt der Grundsatz in dubio pro reo. Das Problem sieht auch der Entwurf. In der Entwurfsbegründung wird erklärt, dass der Vermieter seine Herausmodernisierungs-Absicht vielleicht ja schon einmal einer dritten Person offenbart haben könnte . Ist dies nicht der Fall, wird den Verfolgungsbehörden nichts anderes übrig bleiben, als auf Indizien zurückzugreifen. Dazu heißt es in der Begründung des Entwurfs:

„Insbesondere aus der Vorgeschichte des Mietverhältnisses können sich Anhaltspunkte ergeben, aus denen sich auf eine solche Absicht schließen lässt, so beispielsweise dass der Vermieter in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Ankündigung der baulichen Veränderung mehrfach erfolglos versucht hat, dem Mieter zu kündigen oder ihn zu einer einvernehmlichen Beendigung des Mietverhältnisses zu veranlassen. Hierbei kommt es auf das Gesamtbild der Umstände im jeweiligen Einzelfall an.“

Bei näherem Hinsehen erscheint es aber doch recht „gewagt“, auf derartige Indizien eine bußgeldrechtliche Verurteilung stützen zu wollen. Sofern der Vermieter gegenüber dem Mieter eine Kündigung ausspricht, muss er sie auf ordentliche oder außerordentliche Kündigungsgründe stützen und diese dem Mieter auch schriftlich in plausibler Form mitteilen (vgl. §§ 568 Abs. 1, 569 Abs. 3, 573 Abs. 3, 573d Abs. 1, 575a Abs. 1 BGB). Die Modernisierungsabsicht stellt keinen Kündigungsgrund dar; nur wenn das Mietverhältnis die Durchführung eines Modernisierungsvorhabens hindern sollte und der Vermieter dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde, käme eine Verwertungskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB in Betracht . Warum jedoch eine ordnungsgemäß begründete Kündigung und die anschließende Ankündigung einer umfangreichen Modernisierungsmaßnahme, die ja auch für das Folgemietverhältnis sinnvoll erscheinen kann, per se ein Indiz für die „Herausmodernisierungs-Absicht“ sein soll, erschließt sich nicht. Es müssten schon mehrere Indizien zusammentreffen und sich zu einer für den Vermieter erdrückenden Beweislage verdichten. Das dürfte nicht allzu häufig vorkommen, auch wenn eine unlautere Motivation des Vermieters zu erahnen sein mag.

III. § 6 WiStG-E als Schutzgesetz
Der Hauptanwendungsbereich eines § 6 WiStG-E wird dann wohl auch nicht in seiner Funktion als Bußgeldtatbestand, sondern in derjenigen als Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB liegen . Dann aber gelten die Darlegungsanforderungen des Zivilprozesses einschließlich der Grundsätze der sekundären Darlegungslast . Das könnte dem Mieter den Nachweis einer „Herausmodernisierungs-Absicht“ deutlich erleichtern. Es dürften dieselben Kriterien einschlägig sein, wie beim vorgetäuschten Eigenbedarf. Sofern hier der Verdacht einer unlauteren Absicht nahe liegt, hat der Vermieter nach der Rechtsprechung des BGH, „substantiiert und plausibel (‚stimmig‘) darzulegen, aus welchem Grund der mit der Kündigung vorgebrachte Bedarf nachträglich entfallen sein soll; an diese Darlegung sind daher […] strenge Anforderungen zu stellen“ . Dies auf die Konstellationen einer vermuteten „Herausmodernisierungs-Absicht“ zu übertragen, würde bedeuten, dass der Vermieter sehr konkret und nachvollziehbar vortragen müsste, warum er gerade nach mehrfach erfolgloser Kündigung eine so umfangreiche Modernisierungsmaßnahme durchführen will. Unklarheiten im Vortrag werden hier zu seinen Lasten gehen.

Sofern der Nachweis dieser Absicht dem Mieter im Zivilprozess um eine Schutzgesetzverletzung gelingen sollte, stellt sich die Frage, ob die Tatbe-standsvarianten des § 6 WiStG-E unter Umständen zu weit gefasst sind. Denn eine Überschreitung der neuen, in § 559 Abs. 3a BGB zu installierenden Kappungsgrenze (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 lit. a WiStG-E), kann auch auf einem Versehen beruhen, zumal bei der Berechnung der Wohnfläche nach wie vor Unklarheiten bestehen . Recht weit gefasst erscheint auch die in § 6 Abs. 1 Nr. 1 lit. a WiStG-E enthaltene Variante einer grundlegenden Veränderung des Charakters der Mietsache. Das soll bei einer einfachen Grundrissveränderung noch nicht der Fall sein , wohl aber wenn die beabsichtigten Maßnahmen den Zuschnitt zentraler Räume weitreichend verändern . Hier können sich durchaus Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben. So haben Instanzgerichte in einer Fallgestaltung, in der der Vermieter einer Reihenhaussiedlung aus den 1960er-Jahren die diese Gebäude durchaus prägenden Balkone zugunsten einer umfassenden Wärmedämmung „wegrationalisieren“ wollte, eine grundlegende Veränderung des Charakters der Mietobjekte angenommen. Das Berufungsgericht hat dann aber anders entschieden. Droht dem Vermieter in derartigen Fällen ein Bußgeld?

Kaum vertretbar erscheint schließlich die Variante in § 6 Abs. 1 Nr. 2 lit. b WiStG-E. Danach soll der Bußgeldtatbestand bereits erfüllt sein, wenn der Vermieter in der Modernisierungsankündigung die zu erwartende Mieterhöhung (s. § 555c Abs. 1 Nr. 3 BGB) infolge eines zu geringfügigen Abzugs der Erhaltungskosten zu hoch mitgeteilt hat. Der Abzug erfolgt vielfach im Wege einer Schätzung, was nach § 559 Abs. 3 BGB auch zulässig ist . Über die Angemessenheit von Schätzungen kann man sich jedoch trefflich streiten.

Auch wann eine bauliche Veränderung „in missbräuchlicher Weise durchgeführt“ wird, ist völlig unklar. Zumindest müsste ein restriktives Kriterium der „erheblichen, nicht objektiv notwendigen Belastungen“ für den Mieter in dieser Tatbestandsvariante aufgenommen werden.

IV. Ergebnis zu C.
Aufgrund der vielfältigen, auch praktischen Schwierigkeiten dürften die vorgeschlagenen Regelungen allenfalls eine geringfügige praktische Relevanz erlangen. Die besseren Gründe sprechen somit gegen die Aufnahme des nach dem Referentenentwurf vorgesehenen Bußgeldtatbestands des „Herausmodernisierens“ in § 6 WiStG.